Stadtrallye in der Alten Hansastadt Lemgo
Ein Erfahrungsbericht von Melanie Mielchen und Lukasz Zych
Zum Ausklang des Schuljahres 2022/2023 veranstalteten die Klassen SHE 1a und 1b des Berufskollegs der Stiftung Eben-Ezer am 16. Juni eine Stadtrallye in Lemgo. Zwei Schülerinnen und ein Schüler des Bildungsgangs Sozialassistenz mit Schwerpunkt Heilerziehung hatten die Aktion vorbereitet und organisiert. Unter Verwendung neuer Medien führte die Rallye die Auszubildenden auf eine spannende Reise durch die historischen Straßen von Lemgo, wo sie aufregende Rätsel lösten, geheimnisvolle Hinweise entschlüsselten und wertvolle Erkenntnisse über die Geschichte und Kultur der Stadt gewinnen konnten.
Wenn die (Lern-) Luft kurz vor den Sommerferien so richtig raus ist, dann kommen Lehrerinnen und Schüler*innen manchmal auf tolle Ideen. Die Schultage am Berufskolleg der Stiftung Eben- Ezer neigten sich schon stark in Richtung sehnlichst erwarteter Sommerferien. Der Schulstoff für das Jahr war so gut wie abgearbeitet, die Klassenräume ordentlich aufgeheizt von den Juni-Sonnenstrahlen, und die Schüler*innen der Klasse SHE 1b zeigten selbst dann nur noch wenig Motivation, als ihre Klassenlehrerin Frau Brand ihnen einen tollen Klassenausflug schmackhaft machen wollte. Jedoch: wandern war ihnen allen zu anstrengend, Badeseen zu weit weg und überhaupt… konnten die Lehrer*innen sie nicht einfach früher in die Ferien schicken? -Das hatten sie sich so gedacht! Jedoch hatten sie dabei nicht mit Carola gerechnet. Dr. Carola Weber-Peeters, ihre Lehrerin für Heilerziehung und Soziales, hatte so gar kein Verständnis für die Vor-Ferien-Trägheit ihrer Schüler*innen und überrumpelte sie eines schönen Schultages mit der Idee, eine Stadtrallye zu planen.
Irgendetwas von „Erlebnispädagogik“ murmelte sie. Kaum konnten die Schüler*innen ein wie-wo-was? fragen, da hatte Carola sie auch schon in zwei Grüppchen aufgeteilt, von dem eines in die Lemgoer Innenstadt geschickt wurde, um Sehenswürdigkeiten, kleine hübsche Gässchen und vielerlei anderes Hübsches und Spannendes zu entdecken, um daraus eine Rallye für den Rest der Klasse zu gestalten. Die drei Schüler*innen irrten zuerst ein wenig verloren in Lemgo herum, bis sie plötzlich spürten, wie so etwas wie Begeisterung an ihren müden Beinen hochzuklettern versuchte. Sie machten sich Notizen, knipsten unendlich viele Fotos, liefen von hier nach dort, knobelten an Quizfragen und überlegten sich so mancherlei Schabernack, den sie in ihre Stadtrallye einbauen wollten. Zuerst war der Plan, vollkommen oldschool, eine Art Schnitzeljagd quer durch die Stadt zu entwerfen, die von einem versteckten Hinweis – zunächst in Papierform - zum nächsten führen sollte. Doch dann dachten die drei Schüler*innen sich, dass es vielleicht auch eine tolle Idee wäre, wenn die von Groß und Klein gern genutzten Smartphones einbezogen würden. So stöberten die Schüler*innen im worldwideweb, recherchierten, und suchten, bis sie plötzlich auf eine App stießen, die ihnen helfen sollte, eine Stadtrallye zu entwerfen, welche dann über die Smartphones gespielt werden kann.
Die Begeisterung hatte es inzwischen erfolgreich geschafft, an den Schüler*innen hochzuklettern und als lustige Euphorie auf ihren Schultern auf und ab zu hüpfen. Und wie das nun mal so ist mit der Euphorie, ist sie fürchterlich anstecken. Frau Brand spürte die Abenteuerlust ihrer Schüler*innen und fand Gefallen an dem Einfall, dass aus der Stadtrallye ja nun doch noch ein toller Klassenausflug gemacht werden kann. Mit anschließendem Picknick irgendwo in Lemgo.
Die Planungsschüler*innen wurden allmählich etwas nervös. Es beschlich sie ein wenig die Sorge, dass vielleicht etwas schief gehen könnte bei der Umsetzung all ihrer tollen Ideen und Pläne, und so beschlossen sie, Carola und ein paar Gäste zu einem Probedurchlauf zu überreden. Welch Glück! Denn während des Probedurchlaufs zickte die App und wollte nicht so recht, wie es sich die drei Schüler*innen vorgestellt hatten. So feilten und planten und organisierten sie noch kräftig weiter, bis ihnen die Köpfe rauchten. Auf Probelauf I folgten Probelauf II und III, bis der Tag der Wahrheit endlich gekommen war.
Am Morgen des 21. Juni trafen sich die Schülerinnen und Schüler der Klassen SHE 1a und 1b zusammen mit ihren Klassenlehrern Herrn Most (1a) und Frau Brand (1b) auf dem Lemgoer Marktplatz, um von Frau Brand mysteriöse Umschläge mit einem ersten Hinweis überreicht zu bekommen. Die Schülerschar teilte sich in zwei Grüppchen auf, um sich auf den Weg quer durch die Stadt zu machen.
Das Ziel war selbst den Klassenlehrern nicht bekannt. Ob sie noch zu dem gewünschten Picknick mit ihrer Klasse kommen sollten? Was hatten die Planungsschüler*innen sich ausgedacht? Leicht sollten die beiden Grüppchen es jedenfalls nicht haben. Anhand eines Fotos mussten sie zuerst einmal den Startpunkt ihrer Tour finden. Für die Schüler*innen, die nicht aus Lemgo kamen, gar nicht so einfach. Die App gab den nächsten Anhaltspunkt erst frei, wenn man die vorherige Aufgabe erfolgreich erfüllt hatte (oder nach mehreren Versuchen kläglich gescheitert war). Und so arbeiteten sich die beiden Teams rechnend, tüftelnd, recherchierend, sich sportlich betätigend und fotografierend durch Lemgo. Und so ganz nebenbei erfuhren sie noch etwas über die Geschichte der alten Hansestadt.
So kamen sie vorbei an der alten Synagoge, die in der Reichspogromnacht am 10.11.1938 niedergebrannt worden war. Sie besuchten den alten jüdischen Friedhof, entdeckten den Kanzlerbrunnen, bestaunten das Junkerhaus, besuchten das Schloss Brake und durften unterwegs in einer alten Lemgoer Bäckerei einen weiteren Hinweis holen, in welcher ihnen dann auch gleich noch eine dicke Tüte Brötchen in die Hand gedrückt wurde, als kleine Stärkung für zwischendurch. Während die beiden Teams sich so durch die Stadt tüftelten, spitzelte das Planungsteam (Lukas, Patricija und Melanie) inklusive Carola ganz unauffällig hinter und vor ihnen her und lachte sich so manches Mal ins Fäustchen, wenn sie eines der Teams durch vollkommen falsche, hinweislose Gässchen irren sahen. Dennoch schien es, als hätten alle Spaß an der Rallye quer durch Lemgo, denn beide Teams kamen gut gelaunt am Ziel an.
Erwartet wurden die Teams mit Musik, kühlen Erfrischungen, Federball- und Wikingerschach-Spielen, der Möglichkeit, die dampfenden Füße zu kühlen, oder einfach faul auf der Wiese zu fläzen. Glücklich und zufrieden, sonnentrunken (und auch ein wenig sonnenverbrannt) haben alle den schönen und besonderen Schultag gemeinsam ausklingen lassen.
Frau Brand kam also doch noch zu ihrem Klassenausflug.
Wo das Ziel war, wollen Sie nun wissen? Tja, das können wir leider nicht verraten, denn vielleicht haben Sie ja auch Lust, unser Spiel irgendwann einmal zu wagen, und sich quer durch Lemgo zu rätseln. Die Idee ist nun aber erstmal, die Rallye barrierefrei zu gestalten, so dass sie wirklich von jedermann gespielt werden kann. Und dann heißt es nur noch: „Traue niemandem!“
Melanie Mielchen
Lukas Zych